Connecting Audio

Interview mit Harald Prieß

2023 ist wieder ein Tonmeistertagungs-Jahr. Die Planungen sind bereits Ende 2022 angelaufen und wir blicken mit Vorfreude und Optimismus auf den diesjährigen Branchentreff. Bis es so weit ist, informieren wir regelmäßig im Magazin über die Neuigkeiten. Zum Auftakt dieser Reihe stellen wir Harald Prieß einige Fragen. Seit Sommer 2022 ist dieser Geschäftsführer der Bildungswerk des VDT GmbH (BiW), die die Tonmeistertagung ausrichtet.

Harald, du bist schon sehr lange in der Branche tätig. Deine letzte Position vor dem Ruhestand und vor der Aufnahme der Arbeit im BiW war die Schulleitung der EurAka, einer Ausbildungsstätte für die Veranstaltungsbranche. Was hat dein Feuer für die Veranstaltungsbranche entfacht, sodass es dir ein Anliegen wurde, auch andere dafür zu begeistern?

Im Prinzip war es der Zufall. Ich wollte Maschinenbau studieren und musste nebenbei Geld verdienen. Statt wie viele Andere Taxi zu fahren, bekam ich die Gelegenheit, von einem Kumpel einen Aushilfsjob am Staatstheater Hannover zu übernehmen. So bin ich zum Theater und zur Veranstaltungstechnik gekommen. Als Abendaushilfe bedient man die Verfolgerscheinwerfer und erledigt allerlei technische Arbeiten rund um die Bühne. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mich hat fasziniert, dass man mit Technik, Kultur und vielen verrückten Menschen zu tun hat. Ich habe dann mit dem Maschinenbaustudium aufgehört und zum Theater in die Bühnen- und Studiotechnik gewechselt. Das war mein Einstieg in die Branche. Ich war 24, als ich im Theater angefangen habe, seither mache ich das!

Dann machte ich nach und nach meine verschiedenen Scheine – Beleuchtungsmeister, Bühnenmeister und so weiter – die man braucht, um Leitungsfunktionen übernehmen zu können. Die Beleuchtungs- und Tonabteilungen wurden zu der Zeit von einer einzigen Person geleitet. Ich war in dieser Position daher auch für den Ton verantwortlich – und er hat mich schnell fasziniert. Die Menschen dort sind speziell, äußerst ambitioniert und unangepasst, das hat mir gut gefallen. Deshalb macht es mir auch sehr viel Spaß mit euch, dem VDT, zusammenzuarbeiten.

Mit den Wechseln von einem Theater zum nächsten konnte ich meine Karriereleiter erklimmen. Nebenbei habe ich immer unterrichtet, was mir schon seit jeher viel Freude gemacht hat – sowohl für die Industrie- und Handelskammer als auch in den Unternehmen, in denen ich tätig war. Ich vermittle Anderen gern, wie Dinge funktionieren oder wie man sie besser nicht tun sollte. Oder wie man sicher arbeitet: Mein Hauptthema gegen Ende meiner Berufstätigkeit war das Thema Veranstaltungssicherheit. Schließlich kam dann das Angebot, an der EurAka zu arbeiten. Dort war ich 16 Jahre lang beschäftigt.

Was treibt dich bei deiner Arbeit an?

Ich besuche sehr gerne Veranstaltungen. Mir hat es immer Spaß gemacht, in diesem Umfeld zu arbeiten. Was ziehe ich daraus? Für mich ist es das Größte, wenn das Publikum applaudiert. Ich mag dieses Gefühl, ein bisschen gerührt zu sein davon, dass die Besucher Spaß hatten und gerne da waren. Das drücken sie durch ihren Applaus aus. Beim Lehren ist es ähnlich. Wenn die Schüler nach dem Unterricht sagen, sie haben etwas verstanden, wenn ich sie begeistern konnte, ist das ebenfalls ein sehr befriedigendes Gefühl. Ich müsste das alles nicht mehr tun, aber ein bisschen die Finger drin zu haben, ist einfach schön!

Wie war dein Start im BiW?

Wir konnten von einer angenehm langen Übergangsphase profitieren. Es gab im Sommer 2022 keinen Zeitdruck und wir haben uns in Ruhe in das Geschäft eingearbeitet. Branko Glisovic hat uns perfekte Unterlagen hinterlassen. Wir konnten unsere Geschäftsstelle in Baden-Baden mitsamt neuer Infrastruktur neu einrichten. Wir haben viel Unterstützung aus den Reihen des VDT erhalten und wurden zu nichts gedrängt. Das hat uns ermöglicht, von vornherein unsere eigene Handschrift zu entwickeln. Die Arbeitsweise und -struktur haben wir in dieser Zeit auf unsere Bedürfnisse und Ideen angepasst.

Wir hatten das noch gar nicht erwähnt, aber du arbeitest ja nicht allein für das BiW. Deine Frau Isabelle Weide unterstützt dich tatkräftig. Welche Rolle nimmt diese beim BiW ein?

Rein formal ist sie ehrenamtliche Mitarbeiterin. Neben meiner Ehefrau und derjenigen, die ertragen muss, dass ich noch arbeite, ist sie die betriebswirtschaftliche Fachfrau. Finanzielle, rechtliche oder steuerliche Belange – all solche Dinge beherrscht sie aus dem Effeff. Sie strukturiert das Unternehmen neu. Isabelle hat gänzlich andere Anforderungen an die Buchhaltung und verlangt vom Steuerberater, dass er ebenso präzise arbeitet. Wenn sie einen Wirtschaftsplan erstellt, umfasst dieser alle Positionen. Darauf kann man sich verlassen! Insofern ist sie mir eine große Stütze bei meiner Arbeit.

Harald Prieß leitet als Geschäftsführer des BiW das Großprojekt „Tonmeistertagung“. Seine Frau Isabelle Weide unterstützt das Projekt durch ihre ehrenamtlich eingebrachte betriebswirtschaftliche Expertise.

Die sicherlich wichtigste Aufgabe des BiW besteht darin, die Tonmeistertagung (TMT) zu veranstalten. Welche Veränderungen wird es diesmal bei der TMT geben?

Die wesentlichste Veränderung betrifft das Flächenkonzept der Ausstellung. Im Jahr 2021 hatten wir die Ausstellung in den Foyers, während wir diesmal die Hauptausstellung in der sogenannten Stadthalle, einem zentralen Raum, unterbringen werden. Der Vorteil besteht darin, dass die gesamte Veranstaltung kompakter wird und wir einen größeren und qualitativ besseren Ausstellungsplatz zur Verfügung stellen können. Die Sonderausstellung wie das Education Forum sowie alle anderen Bereiche, die beim letzten Mal etwas versteckt lagen, werden im Foyer zusammenrücken.

Wir werden den Haupteingang verwenden, nicht mehr den kleinen sogenannten Eingang Stadthalle. Man läuft vom Haupteingang durch den oben geschilderten Veranstaltungsbereich, um zu den Vorträgen zu kommen. Der Überblick über die gesamte TMT wird damit für die Besucher verbessert. Alles findet auf komprimiertem Areal statt. Außerdem wird es eine Vortragsfläche im Ausstellungsbereich geben, der die beiden Kongressteile Ausstellung und Fachvorträge miteinander verbindet. Dort können auch die Aussteller zuhören, ohne lange Wege zurücklegen zu müssen. Wahrscheinlich wird es dort auch Produktvorträge geben.

Gibt es in diesem Jahr ein Motto, unter dem die TMT stehen wird?

Ja, das Motto lautet Connecting Audio. Wir haben es bewusst in Englisch formuliert. Ich behaupte, dass die TMT bezogen auf die Pro-Audio-Welt nicht nur Deutschlands größter und bester Kongress ist, sondern dass dies sogar europaweit gilt. Daher auch die Tendenz zum Anglizismus. Wir müssen uns nach der Coronapause wieder öffnen und werden so auch wieder viele spannende internationale Referentinnen und Referenten gewinnen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist inzwischen in der Gesellschaft und in der Veranstaltungsbranche angekommen. Was bedeutet für dich Green Production im Zusammenhang mit der TMT?

Eigentlich ist das eine Verpflichtung und kein Markenzeichen mehr. Aus meiner Sicht muss jede Veranstaltung den Anspruch haben, einen möglichst geringen CO2-Abdruck zu hinterlassen. Bei jedem Schritt in der Planung bedenken wir das. Ein Beispiel: Die Aussteller konnten bei der letzten Veranstaltung einen kompletten Standard-Messestand buchen. Dieser beinhaltete immer Wände, Blenden, Licht und einen Messeteppich. Auch in diesem Jahr bieten wir einen solchen Service an, jedoch gibt es den Teppich nicht mehr inklusive. Er kann optional gebucht werden und auch nur dann, wenn er recyclebar oder idealerweise bereits aus Recycling entstanden ist.

Ein anderes Thema ist die An- und Abreise der Kongressbesucher. Die Eintrittskarten wollen wir als sogenannte Kombitickets anbieten, die die ÖPNV-Fahrkarte innerhalb des Verkehrsverbunds bereits inkludieren. Somit werden weniger Personen per PKW anreisen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel eine praktische und bereits bezahlte Alternative sind. Auch der Stromverbrauch ist eine wichtige Frage, um die wir uns in der Planung kümmern. In der Gastronomie soll es kein Einweggeschirr geben. Am Ende alles Themen, auf die wir als Normalbürger auch achten sollten. Wir ziehen für all diese Fragen externe Expertise hinzu.

Worin bestehen für dich die größten Herausforderungen bei Planung und Durchführung eines Projekts wie der TMT?

Eine große Aufgabe besteht darin, den Überblick zu behalten. Es sind so viele Mitwirkende beteiligt! Aus meinen Arbeiten vorher war ich gewöhnt, die Zügel in der Hand zu haben und vorzugeben, was zu tun ist. Hier sind viele Beteiligte involviert. Sie machen alle einen super Job, den ich teilweise noch gar nicht richtig verstehe. Eine weitere Herausforderung stellen die Finanzen dar. Damit die Tonmeistertagung finanziell lohnend wird, nutzen wir als Grundlage unseren Wirtschaftsplan. Wenn wir uns alle danach richten, wird die TMT ein Erfolg. Gleichzeitig ich habe vor diesem Aspekt extremen Respekt, auch, weil ich nicht auf alles Einfluss habe. Genau das macht andererseits auch großen Spaß, denn es passieren Dinge, von denen ich noch gar nicht gewusst habe, dass sie so gut werden können. Wir – also das große Team, das die TMT plant – kannten uns vorher ja noch gar nicht.

Ich stelle fest, dass alle Beteiligten in ihrem Bereich sehr kompetent sind, extrem offen und nett. Es ist eine sehr nette Community. Schon bei unserem ersten Zusammentreffen mit der großen Gruppe der Ehrenamtlichen, dem Präsenztreffen in Köln (wir berichteten in Ausgabe 4-2022) haben wir diese positiven Vibes sofort gespürt.

Woran machst du den Erfolg einer Veranstaltung wie der Tonmeistertagung fest? Was möchtest du als Ergebnis erreichen?

Wenn die TMT inklusive der Finanzierung des gesamten BiW-Betriebs eine schwarze Null geschrieben hat, dann ist sie für mich – nach innen gerichtet – ein Erfolg. Als Geschäftsführer muss ich schließlich auf die Finanzen schauen. Nach außen hin ist sie ein wirklicher Erfolg, wenn die Fachwelt auch über die Grenzen Deutschlands hinaus sagt, dass sie eine großartige Veranstaltung war, mit tollen Beiträgen; etwas, das man sich woanders nicht kaufen kann. Wir bauen dahingehend auf unser starkes Programm mit spannenden Beiträgen und auf die große Ausstellung mit vielen Neuerungen und wichtigen Firmenvertretern. Wir brauchen die Industrie, denn die Messe finanziert den Kongress. Wenn wir erreichen, dass die TMT inhaltlich hervorragend war und die richtigen Menschen an die Stände kamen, dann sind auch die Aussteller zufrieden. Die Parameter Finanzen, Kongress, Besucher und Ausstellung definieren demnach unseren Erfolg.

Was planst du jenseits der TMT für die Zukunft des BiW?

Sobald wir zeitlich dazu kommen, planen wir eine engere Zusammenarbeit mit den Referaten und Regionalgruppen. Wir wollen als Schnittstelle dienen und die Organisation und finanzielle Umsetzung der VDT-Seminare durchführen. Das braucht noch etwas Zeit und kann noch stärker zusammenwachsen. Momentan ist allerdings die Tonmeistertagung zu 98% unser wichtigster Fokus. Zudem bieten wir ein Vortragsprogramm zur Prolight + Sound an, das allerdings bereits sehr gut in Form gegossen ist.

Text:

Stefani Renner, Markus Thiel

Fotos:

Markus Thiel, VDT-Archiv, BIW-Archiv.
Alle Veranstaltungsfotos sind Imressionen der tmt31.