Das Funkhaus Wallrafplatz
Text Christoph Hilser, Fotos: Frank Rausch, Christoph Hilser
Text Christoph Hilser, Fotos: Frank Rausch, Christoph Hilser
Durch Vermittlung unseres Vorstandsmitglieds Jürgen Goeres-Petry habe ich zusammen mit Tobias Kiendl vom WDR ein Regionalgruppentreffen im WDR-Funkhaus Wallrafplatz organisiert. Warum gerade ich? Spätestens seit der tmt32 steht für mich fest, dass ich gerne ins Leitungsteam der Regionalgruppe Köln einsteigen möchte. Bereits bei anderen Tonmeistertagungen hatte ich unter anderem bei der Abwicklung von Exkursionen geholfen und Freude an dieser Arbeit gefunden. Leider finden die Regionalwahlen ja erst noch statt, sodass ich dieses Treffen in Köln letztlich ohne ein offizielles Amt innezuhaben in die Wege geleitet habe.
Schon bei der Begrüßung wurde klar, wie wichtig dieses Treffen nicht nur für den VDT, sondern auch für den WDR war: Wir wurden von Dirk Neumann (Hauptabteilungsleiter Atelier- und Außenproduktion), Bärbel Kopp (Abteilungsleiterin Multimedia- und Großproduktion), Harald Glaser (Gruppenleiter Produktionstechnik) und Tobias Kiendl (WDR-Mediengestalter) zu diesem nach vielen Jahren wieder erstmaligen Treffen im WDR herzlich empfangen. Trotz deutlicher Überzahl durften wir alle an der Führung durch teils kleine Räume teilnehmen. Die Gruppe wurde dazu spontan aufgeteilt – jeweils geführt von Tobias Kiendl und Harald Glaser – und traf sich am Ende wieder gemeinsam im großen Sendesaal, der Schluss-Station der Führung.
Die erste Station war das große, denkmalgeschützte Hörspielstudio 3 im Tiefkeller des Funkhauses. Dort gab es Informationen zur Architektur, die aus den 50er-Jahren stammt, der elektroakustisch-variablen Akustik und den Möglichkeiten, verschiedene Räume zu simulieren. Unterschiedliche Bodenbeläge, Treppen, Türen, verstellbare Wände sowie eine sehr hohe Raumhöhe bieten beste Möglichkeiten zur Produktion von Hörspielen, Podcasts und ähnlichen Formaten.
Über Treppen und durch verschachtelte Gänge ging es zum nächsten Zwischenstopp: zum Studio für Nachbearbeitung von Wortproduktionen. Hier wurde der Übergang von der Fairlight-Welt zu Pro Tools gezeigt. Der WDR hat dafür eine spezielle Lösung mit verschiedenen Hardware-Controllern konstruiert, die zumindest an das legendäre Jog-Rad des Fairlights anknüpfen und ein flüssiges Arbeiten ermöglichen.
Weiter ging es zum kleinen Hörspielstudio respektive in die dortige Regie mit doppelter Technik (Fairlight und Lawo) sowie diversen Hardware-Racks, wo unter anderem Fragen zu Routing-Protokollen und -Techniken (MADI, Dante) diskutiert wurden.
Äußerst spannend war das nun folgende Mastering- und Restaurations-Studio mit hochwertigen Geräten von SPL und natürlich auch entsprechenden Plug-ins (z. B. von Izotope). Hier werden nicht nur diverse Aufnahmen für weitere Verwertungsketten optimiert, sondern auch alte Schätze aus dem Archiv aufbereitet und restauriert; von der Wachsplatte über Schellack, Vinyl bis hin zu Bändern.
Das Studio für Klangdesign (Audio-Branding) dient der Produktion von Sende- und Sendungskennungen (wie Show-Opener) für die verschiedenen Wellen und Internetangebote. Die dafür notwendigen Kompositionen werden meist extern erstellt und dann im hauseigenen Studio bearbeitet und finalisiert.
Im Testlabor für 3D-Audio (respektive Dolby Atmos) konnten wir in verschiedene Hörspielszenen und speziell für immersive Wiedergabe komponierte Musikstücke hineinhören. Reizvoll empfand ich die relativ simple Konstruktion zur Aufhängung der oberen Lautsprecher: vier K&M-Stative, vier Rohre mit Befestigungen und „fertig ist die Hütte“. (Das wäre auch etwas für heimische Wohnzimmer – eine ideale Möglichkeit, ohne Bohren und voll rückbaubar eine 5.1.4-Aufstellung hinzubekommen ...)
Zum Abschluss des Rundgangs schauten wir uns die Multimediaregie sowie die Tonregie (Regie 1) des großen Sendesaals an. Im ehemaligen Tonbearbeitungsraum, wo vor vielen Jahren unter anderem noch sechs große Bandmaschinen standen, befindet sich heute die Multimedia-Regie. Vorbild war das Konstrukt der Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker. Man möchte mit der „Digital Hall“ dauerhaft die Möglichkeit haben, neben dem Ton auch Video-Content zu produzieren, zunächst eher für den Online-Bereich. Auch hier lag bei der Planung der Fokus darauf, eine für den WDR preisgünstige Lösung zu finden. Es kamen daher viele bereits vorhandene Elemente zum Einsatz: Auf PTZ-Halterungen aufgesetzte Ikegami-Kameras mit hochwertigen (vorhandenen) Objektiven bieten heute eine qualitativ hervorragende Lösung.
An der großen Lawo-Konsole und dem erhöhten Produzenten- oder Tonmeistertisch konnte Bardo Kox – ehemaliger, hochgeschätzter Toningenieur des WDR, der mit uns den Rundgang machte – mit seinem Wissen aus dem Vollen schöpfen. Er gab Anekdoten preis und gab schöne Einblicke in die Arbeitsweise dieser herausragenden, von ihm mitgestalteten Regie. Dort kamen schon viele (digitale) Mischpulte zum Einsatz, angefangen von einer Siemens-Konsole über Neve bis hin zu Lawo-Konsolen. Herausgehoben wurde auch das vom Mischpult unabhängige Steckfeld und andere Hardware-Komponenten.
Durch die Hintertür ging es nun in den großen Sendesaal mit 650 Sitzen, der heute Klaus-von-Bismarck-Saal heißt. Hier war bereits das gesamte Equipment für eine am Abend stattfindende Live-Übertragung mit großem Orchester aufgebaut. Zu sehen waren neben einigen Stützen mit MK4, MKH 800, C414, U 89 und KM 84 ein Decca-Tree an der Salzbrenner-3D-Windenanlage sowie mehrere Raummikrofone.
Nach Diskussion und Klärung weiterer Fragen aus dem Teilnehmerkreis und einer Danksagung an das WDR-Team zogen wir mit einigen Kolleginnen und Kollegen zum Gasthaus Früh direkt um die Ecke. Dort klang der Abend bei frischem Kölsch und Klön aus. Es war klasse – und ruft nach Wiederholung!
Niemand hat sich in den unterirdischen Gängen des WDR verlaufen: Die Gruppe beim Abschlussbild im Foyer des Großen Sendesaals.
Der Autor Christoph Hilser beschäftigt sich seit der Schulzeit mit der Aufnahme von klassischer Musik und ist heute Gaststudent in Düsseldorf. Sein Interesse gilt vor allem der technischen Ausstattung von Tonstudios sowie Live-Recording und Musikaufnahmen. Er möchte sich in Zukunft im VDT engagieren und stellt sich bei der diesjährigen RG-Wahl für das Leitungsteam der Regionalgruppe Köln zur Wahl.