World Radio Conference 2023
Interview mit Elias Ruh – Fotos: ITU-Archiv
Interview mit Elias Ruh – Fotos: ITU-Archiv
Bei der WRC-23 stand mit dem Punkt 1.5 die zukünftige Gestaltung des UHF-Bands von 470 bis 694 MHz auf der Tagesordnung. Dieser Bereich ist für die Nutzung drahtloser Audiosysteme von zentraler Bedeutung, denn er ist das Kernband für Audio-PMSE-Anwendungen (Programme Making & Special Events), beispielsweise für drahtlose Mikrofone. Nutzer von Audio-PMSE-Geräten wünschen sich eine langfristige Investitions- und Planungssicherheit; ein Verlust dieses Frequenzbereichs oder auch von Teilbereichen hätte für viele Nutzer und die Veranstaltungs- und Broadcast-Branche kostenintensive Folgen.
Generell ja. Die ITU hat die Welt in drei Regionen aufgeteilt. Zur Diskussion stand der UHF-Bereich in der ITU-Region 1. Zu dieser Region gehören neben Europa auch der Nahe Osten, Afrika und Russland. Das Ergebnis ist allerdings nicht für alle Teile der Region 1 gleich ausgefallen.
Bisher war der Rundfunk mit DVB-T Primärnutzer und PMSE war Sekundär-Nutzer. Der Rundfunk wird weiterhin Primärnutzer bleiben. PMSE hat seit vielen Jahren eine gut funktionierende Koordination mit dem Rundfunk und wir sind froh, dass dies weitergeführt wird. Neu ist aber, dass der Service „Mobile“ neuer Sekundär-Nutzer wurde. PMSE gehört zu Mobile und kann somit den Frequenzbereich weiterhin nutzen.
Wir sind dankbar, dass IMT (International Mobile Telecommunications 4G/5G) in den meisten Regionen keine neue Zuweisung im Bereich unterhalb 1 GHz erhalten hat. Hier gibt es jedoch Ausnahmen auch in der Region 1, bei denen nun einige arabische Länder dem Mobilfunk im Bereich 614 bis 694 MHz eine Zulassung erteilen dürfen.
Durch die Mobile-Zuteilung haben die Frequenz-Regulierungsbehörden auch neue Möglichkeiten. Regional könnten Frequenzbereiche zum Beispiel für Sicherheitsdienste (BOS) oder Militär vergeben werden. Somit könnte es weitere Nutzer in dem von Audio-PMSE beanspruchten Frequenzbereich geben. Es gab jedoch auch eine Stärkung für PMSE.
Die Fußnote 5.296, die die Nutzung von PMSE im UHF-Band unterhalb von 694 MHz regelt, wurde von vier weiteren Ländern gezeichnet, so dass diese nun in der EMEARegion von 81 Staaten unterstützt wird. Es kann als großer Erfolg verbucht werden, dass PMSE prominent in den ITU-R Radio Regulations benannt ist.
Ob und wie weit uns dies in Zukunft betrifft, ist zurzeit noch nicht bis ins Detail absehbar. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, und wir erhoffen uns, dass wir mit dem neuen Nutzer eine gute Diskussion führen können. Der APWPT (Association of Professional Wireless Production Technologies e. V.) wurde für die weiteren Diskussionen als Repräsentant für die PMSE-Industrie eingeladen.
Da das UHF-Band vom Primärnutzer Broadcast mit DVB-T in vielen Ländern nach wie vor stark genutzt wird, wird die Einführung eines weiteren Sekundärdienstes nicht einfach flächendeckend möglich sein.
Somit ist auch hier Broadcast eine Hilfe für uns PMSE-Nutzer. Selbst in der Schweiz, wo DVB-T seit 2019 nicht mehr flächendeckend in Betrieb ist, gibt es keinen Ort, der nicht weiter als 70 km von einer Grenze entfernt ist, und auch die Schweiz darf den Broadcast- Betrieb der Nachbarländer nicht stören, denn die Länder-übergreifende Berücksichtigung der DVB-T-Abdeckung ist in einem Abkommen (Genf-06) geregelt. Auch wenn die Entscheidung der WRC-23 hinsichtlich der Nutzung ein negativer Punkt ist, hätte es viel schlimmer kommen können. Dank der überregionalen Zusammenarbeit von verschiedensten Gruppierungen konnten sich die PMSE-Nutzer und Hersteller jedoch gut und glaubwürdig positionieren. Der APWPT und seine Mitglieder waren aktiv in der WRC-23 beteiligt – als Mitglied nationaler Delegationen oder auch als ITU-R-Sektormitglied.
Die Themenliste für die nächste WRC steht bereits fest. Dabei sind keine für Funkmikrofone relevante Frequenzbereiche aufgelistet. Heute ist jedoch bereits klar, dass der TV-UHF-Bereich 470 bis 694 MHz während der WRC im Jahr 2031 wieder erneut bewertet wird.
Neue Technologien, über die es in anderen Artikeln in diesem Heft gehen wird, werden auch weiterhin ein freies Frequenzspektrum benötigen. Vielleicht werden diese die Spektrums-Effizienz auch steigern. Wir können davon ausgehen, dass die Anforderungen der Veranstaltungen und somit auch die Anzahl der drahtlosen Audioübertragungskanäle steigen werden, was eine Technologie-bedingte steigende Spektrums-Effizienz unter Umständen wieder zunichtemacht.
Der UHF-Bereich ist für uns von großer Bedeutung, da hier die HF-Ausbreitungseigenschaften für Indoor-Betrieb mit batteriebetriebenen mobilen Geräten ideal sind, die entweder in der Hand oder am Körper getragen werden und zusätzlich im Dauerstrichbetrieb senden. Es gibt schon heute weitere Frequenzbereiche, die für Funkmikrofone zugelassen sind. Der Bereich von 470 bis 694 MHz ist jedoch nicht nur wegen der oben aufgeführten positiven Ausbreitungseigenschaften für uns wichtig, dies ist auch das größte zusammenhängende Frequenzspektrum, was uns zur Verfügung steht, und das fast weltweit. Weitere Frequenzbereiche im VHF-Bereich und auch die UHF-Mobilfunk-Duplex-Lücke bieten lediglich kleinere Frequenzbänder. Es gibt einen weiteren Bereich von 1.350 bis 1.400 MHz, der jedoch gerade für nicht-stationäre Anlagen nur bedingt geeignet ist, da dieser Frequenzbereich nur Indoor genutzt werden darf. Es gibt Länder, die die Nutzung von PMSE-Geräten auch in zusätzlichen Frequenzbändern gestatten. Zum Beispiel können in England Bereiche im Frequenzbereich von 960 bis 1.215 MHz genutzt werden. Meine Hoffnung ist, dass langfristig ein Frequenzbereich über die Frequenzregionen hinaus für Audio- PMSE harmonisiert werden kann. Ob das nur ein Wunsch ist oder irgendwann Realität wird, wird die Zukunft zeigen.
Der Interviewpartner Elias Ruh arbeitet als Senior Applications Engineer bei der Shure Distribution Switzerland GmbH. Durch die jahrelange Arbeit in unterschiedlichen Positionen sind ihm die Bedurfnisse der PMSE-Nutzer bestens bekannt. Er engagiert sich in Berufsverbanden und bei der Berufsausbildung, da ihm die Branche und auch die Ausbildung von jungen Menschen sehr am Herzen liegen.